Reisen und die Sache mit der Empathie

Dieser Beitrag bildet den Abschluss meiner Artikel-Trilogie über den Komplex „Reisen und Ethik“ und der damit verbundenen Überlegungen, warum bestimmte Länder als Reiseländer schlichtweg untragbar sind.

In dem Artikel  „Reisen und die Sache mit der Ethik“ – der stark polarisierte und auf ebenso breite Zustimmung wie völliges Unverständnis insbesondere bei Reisebloggern stieß – habe ich den Zusammenhang zwischen gewalttätigen, repressiven Systemen und der empathiebedingten, zwangsläufigen Ablehnung, sich in diese begeben zu wollen, bereits angerissen .

Doch ging dieser wichtige Aspekt in der recht heftig entfachten Diskussion weitgehend unter. Die drehte sich größtenteils um die – nach außen gerichtete – Wirksamkeit von Reiseboykotten, ohne jedoch die im Artikel genannten Argumente zu entkräften. Oder um Relativierungen der von mir qualitativ und quantitativ beschriebenen Abartigkeiten. Oder um den den Vorwurf der Intoleranz – auf den ich mit der Veröffentlichung „Reisen und die Sache mit der Toleranz“ antwortete – bis hin zur – heute schon fast zum Grundreflex gehörenden – Rassismuskeule.

Der wohl gravierendste Mythos und Trugschluss, der immer wieder aufs Tableau gebracht wurde von Lesern, die der konsequenten Entscheidung, gewisse“Reiseländer“ zu meiden nichts abgewinnen können, ist die Behauptung, wir müssten uns erst „mit eigenen Augen“ von den Zuständen in besagten Ländern überzeugen, wir müssten doch „hinter die Fassaden schauen“, um diese Gesellschaften zu verstehen und wir müssten uns erst „mit den Menschen vor Ort auseinander setzen“, bevor wir uns ein Urteil erlauben dürften.

Tatsächlich aber müssen wir NICHTS dergleichen tun, um die menschen- und/oder tierverachtende Systematik zu begreifen, mit der sie sich diese Gesellschaften einen Platz auf der Reise-Blacklist sichern. Dafür sollte unser Intellekt reichen sowie die Fähigkeit, Fakten zu erfassen und entsprechend einzuordnen. Doch vor allem haben wir genau dafür die Eigenschaft namens „Empathie“: Um das Wesen eines Systems zu verstehen genügt auch ein entfernter Blick auf seine Lebenspraxis, auf die Rechtsgrundlagen, seine Urteile, seinen grundsätzlichen Umgang mit Menschen und Tieren und die Art und Weise, wie diese dort leben (müssen).

So muss ich als Frau nicht erst am eigenen Leib die sämtliche Lebensbereiche bestimmende Entrechtung und Behandlung als „Mensch zweiter Klasse“ – einschließlich Zwangsvermummung und Entzug grundlegender Freiheiten – erleben, die in islamischen Schariastaaten an der Tagesordnung ist, um  allein die Dimension der Misogynie zu begreifen, als absolutes „No-Go“ zu bewerten und in der Konsequenz jene Länder von der Reise-Liste zu streichen.

Iraq_lachicaphoto-1200

Bezeichnend ist dabei, dass im gleichen Atemzug niemand auf die Idee käme, von jemandem, der beispielsweise strikt das – in gesellschaftlichem Konsens als  „grausam und irrsinnig“ bewertete – Abschlachten von Robbenbabies in Kanada und Neufundland verurteilt, zu verlangen, er möge sich doch bitte erst persönlich und vor Ort ein Bild machen, damit seine Wertung auch „Hand und Fuß“ habe.

CarolineCCB_Flickr

Hier greift etwas, das ich „kollektive Empathie“ nenne – also das gesellschaftlich anerkannte, tiefere Verständnis eines Sachverhaltes und Mitgefühl für etwas, das sich weit weg abspielt.

Geht es jedoch um die konkrete Entrechtung und Diskriminierung von Mädchen und Frauen – bis hin zu landesweit verübten, staatlich geduldeten sadistischen Verbrechen wie Genitalverstümmelungen und Sklavenhandel –  sollen wir plötzlich nicht in der Lage sein, aus der Entfernung die Systematik dieser Taten und die Motivation der Täter zu verstehen und entsprechende Konsequenzen zu ziehen?

Das ist mit Verlaub ebenso zynisch wie absurd!

Ich erkenne in dieser Argumentation – die zumeist von Menschen vorgebracht wird, die Reisen in die „Blacklist-Länder“ irgendwie „toll“ finden – den recht misslungenen Versuch, das eigene Reiseverhalten zu rechtfertigen und sich und dem Umfeld schönzureden:

Da sind z.B. europäische Männer, die mir Äthiopien als perfektes Reiseland für „Afrika-Einsteiger“ verkaufen wollen, denn schließlich seien die Menschen dort so „offen und herzlich“. Dass 9 von 10 der gleichen Menschen andere – die das Pech haben, ihre Töchter zu sein – bestialisch quälen, indem sie ihnen die Genitalien abschneiden, um sie später gewinnbringend in die Sklaverei zu verkaufen, interessiert sie einen Sch..ß. Dabei genügte auch nur ein Funken Empathie für die Erkenntnis, dass es schlichtweg unerträglich und unvorstellbar ist, sich freiwillig in einem derartigen Gewaltumfeld zu bewegen und sich mit Menschen zu umgeben, die mit System solche Verbrechen begehen.

Ethiopia_Stefan_Gara-1200

Oder es sind deutsche Frauen, die nichts dabei finden, zwangs-vermummt durch Iran zu reisen oder die arabischen Emirate als „fortschrittlich“ zu bezeichnen. Ganz abgesehen von den China-Reisenden, die dort Hunde (fr)essen und so tun, als sei das irgendwie OK.

Bei Ersteren frage ich mich, ob neben einer gewissen Romantisierung von Unterdrückungsmechanismen nicht auch eine gehörige Portion Masochismus mitspielt, die es überhaupt erst ermöglicht, sich aus freien Stücken derart abwerten und deklassieren zu lassen.

Hinzu kommt wohl das Ausblenden des Umfeldes und/oder massiver Mangel an Empathie: Denn allein die verwerfliche Sklaverei in den Emiraten ist allgegenwärtig. Ich habe es selbst gesehen bei meinem zwangsläufigen Zwischenstopp in den UAE vor Jahren auf dem Weg nach Asien: Auf dem Flughafen arbeiten ausschließlich asiatische Sklavinnen – einheimische Frauen? Fehlanzeige. Die traben allenfalls einzeln oder im Harem, schwarz vermummt ihren Eigentümern hinterher – die sich gerne westlich modern kleiden. Allein diese Bilder sind so bedrückend, dass es kaum nachvollziehbar ist, wie jemand mit einigermaßen Herz und Hirn das Bedürfnis verspüren kann, auch nur einen Fuß in dieses System zu setzen. So einfach ist das.

Dubai_by_AndreyPapko_Flickr-1200

Wie Du siehst, bist Du bei mir genau an der richtigen Adresse für auch mal klare, unbequeme Worte und Wahrheiten.

Blinde Akzeptanz von Haltungen, Meinungen und Verhalten, die Gewalt und Unterdrückung akzeptieren, wirst Du hier stets vergeblich suchen – womit wir übrigens auch wieder bei der Sache mit der Toleranz wären…

Fotos: (c) Audrey AK / Flickr, Andrey Papko / Flickr, Caroline CCB / Flickr, Francesco Veronesi / Flickr, La Chica Photo / Flickr, Maneno / Flickr, Stefan Gara / Flickr

 

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7 Comments

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  1. Hallo Ines,

    Deine „Empathie“ sagt dir also, dass diese Frauen in Scharia-Ländern den ganzen Tag daheim herumheulen und denken „Buhu, ich bin ein unterdrückter Mensch zweiter Klasse! Wo bleiben die weißen Frauen, um mich zu retten, indem sie mein Land nicht bereisen?“ Ist diese Logik nicht völlig absurd? Und merkst du nicht, wie du diese Frauen in eine Opferrolle drängst, nur um dich als Retterin aufführen zu können?

    Wenn du einmal selbst im Iran gewesen wärst, würdest du dir nie im Leben anzumaßen, eine dieser intelligenten und starken Frauen auch nur zu fragen, ob sie sich wie ein Mensch zweiter Klasse fühlt. Die systematische Diskriminierung von Frauen im Iran ist real, aber wird vom Großteil der Iraner (Männer wie Frauen) abgeleht. Diese Frauen haben Wege gefunden, sich mit den nicht änderbaren Umständen zu arrangieren und sie nicht Teil ihrer Identität werden zu lassen, und brauchen ganz gewiss nicht unser Mitleid, sondern Anerkennung für ihren Mut und ihre Leistungen!

    Allein mit deiner pauschalisierenden „Mensch zweiter Klasse“-Aussage über Frauen in Scharia-Ländern hast du deine komplette These selbst widerlegt. Denn wenn diese „Empathie“ nur auf selektiven Medienberichten beruht, kann sie eben nicht die Realität in diesen Ländern widerspiegeln.

    VG, Steffi
    a.k.a. die „deutsche Frau, die nichts dabei findet, zwangs-vermummt durch Iran zu reisen“ (was übrigens so nicht stimmt – bitte lies meinen Artikel nochmal bis zum Schluss:)
    http://aworldkaleidoscope.com/iran-frau-kleiderordnung/

    1. Hallo Stefanie,

      jetzt hast Du’s mir aber richtig gezeigt, was? Einen Kommentar mit einem ebenso kindischen wie abstrusen persönlichen Anwurf zu beginnen – und auf genau diesem Niveau weiterzumachen, signalisiert fehlende Bereitschaft, eine echte Diskussion führen zu wollen. Oder zu können.
      Zitat: „Deine „Empathie“ sagt dir also, dass diese Frauen in Scharia-Ländern den ganzen Tag daheim herumheulen und denken „Buhu, ich bin ein unterdrückter Mensch zweiter Klasse!“ Steht genau wo in meinem Artikel? Du projizierst hier Deine eigene Anspruchshaltung auf mich, denn Du erwartest offenbar „daheimsitzen und rumheulen“ als Reaktion auf Unterdrückung und Diskriminierung – nicht ich. Und da Deine Erwartung nicht erfüllt wird, muss – so Deine Logik – die „These“ von der Deklassierung von Frauen zu Menschen zweiter Klasse falsch sein?

      Vielleicht atmest Du mal tief durch und liest meine Texte einfach nochmal – eventuell erschließt sich Dir dann auch der tatsächliche Inhalt.

      Weder persönliche Empfindungen noch das Vermögen, sich mit repressiver Gewalt, Unterdrückung und Diskriminierung „zu arrangieren“ ändern etwas an der Tatsache, tatsächlich unterdrückt und diskriminiert zu sein:

      Die staatlich verordnete und gesetzlich legitimierte, systematische Entrechtung und Behandlung von Frauen als „Menschen zweiter Klasse“ ist fester Bestandteil aller Scharia-Staaten und betrifft alle Frauen gleichermaßen. Das ist weniger „These“ als traurige „Tatsache“, vgl. http://www.dw.com/de/irans-frauen-menschen-zweiter-klasse/a-16723731
      Kann man – so wie Du – leugnen, relativieren, abtun – den Opfern dieses Systems erweist man damit einen Bärendienst.

      Und was ich über Frauen denke, die meinen, in einem solchen Umfeld ihre Reiselust befriedigen zu müssen, habe ich ja m.E. recht höflich in dem Artikel formuliert.

  2. says: Nandalya

    Hallo Ines! Interessante(r) Artikel. Ich glaube, dass ich dich schon gelesen habe, aber wie das so ist im Leben, wieder verloren habe. Shame on me … Japan und China, die verfeindeten „Brüder“, haben eine lange Tradition des Hasses aufeinander. Ich hege keinen, aber mag auch keine Hunde essen. Und ich mag auch keine Zwangsverschleierung bei Frauen, keinen muslimischen Gruppenzwang, der türkische Freundinnen zum Kopftuch in Deutschland zwingen will.

    Die Intention und Motivation deutscher Journalistinnen und Politikerinnen den Islam zu hofieren kann ich nur mit „Idealisierung des Fremden“ beschreiben. Etwas, das mir als gebürtiger Japanerin auch passiert. Wir, die wir Dinge kritischer sehen und ansprechen, wird gern der Rassismus Vorwurf gemacht. Wie ich dir schon auf meinem Blog schrieb, es sind oft Unwissende und Ungebildete, die Kritik an einer Ideologie mit der Verunglimpfung einer Rasse verwechseln.

    Wenn ich an Afrika denke, an Pakistan und „Arabien“, wird mir regelmäßig übel, wenn es um die nicht vorhandenen Rechte von Frauen geht. Und diese Rechte, für die unsere Großmütter – bildlich gesprochen – kämpften, werden zur Zeit wieder verstärkt mit Füßen getreten. Das Zeitalter der Aufklärung scheint vorbei, es lebe der Schritt zurück ins Mittelalter.

    Zum Thema Tiere essen in Asien, habe ich noch einen Hinweis auf die so völlig unterschiedliche Mentalität. Leider scheitere ich seit Jahren damit sie zu vermitteln. Viele EuropäerInnen sehen nur den schönen Schein, das Lächeln. Aber Asiaten lächeln auch, wenn sie „dir“ den Hals durchschneiden. Blödes Beispiel, ich weiß. Keine Angst, ich bin nicht gefährlich. 😉

    Lass dich nicht beirren deine Meinung zu sagen! Sie ist gut und sie ist wichtig in diesen Tagen. Und die kritischen Stimmen werden lauter. Auch und das hoffe ich, in den arabischen Ländern, in Afrika. Danke dir für diese Artikel. Meine Reise wird bald wieder nach Japan gehen. Und ja ich weiß, meine Landsleute jagen noch immer Wale. Was ich nicht gut finde.

    Viele Grüße und auf wiederlesen.

    Mayumi

    1. Danke Mayumi, für Deine Gedanken und messerscharfen Worte – das zum Thema „gefährlich“ 😉 Auf Deinem spannenden Blog bin ich gestern erstmals (aber keinesfalls zum letzten Mal) über die Web-Suche zum Thema Scharia gelandet und habe neben Deinen m.E. brillanten Artikeln zum Thema „Islam, Scharia und Kopftuch“ auch noch eine „alte Bekannte“ entdeckt. Zufälle gibts 😉

      Mit der „Idealisierung des Fremden“ triffst Du wohl ins Schwarze. Gerade bei europäischen Frauen erlebe ich auch immer wieder eine gewisse Romantisierung von Unterdrückungsmechanismen, die eigentlich ihnen als Frau gelten, je exotischer desto besser. Da sind Reisebloggerinnen, die sich stolz mit Kopftuch aus islamischen Ländern posten und das irgendwie schick finden und dafür ein Schulterklopfen erwarten. Sie feiern ihre Deklassierung als Mensch. Es ist ebenso tragisch wie absurd. So, als reisten Menschen in ein Land, in dem ihresgleichen versklavt wird und sie legten sich freiwillig Ketten an.

      Ich wünschte, es wären „nur“ Unwissende und Ungebildete, die fleißig die Rassismuskeule schwingen, wenn frauenverachtende Ideologien wie der Islam berechtigter, sie jedoch störender Kritik unterzogen werden. Doch der Rassimus-Stempel liegt heute ganz oben in den Schubladen von gut Situierten, Etablierten und Gebildeten, die in einer fatalen Kombination aus Kultrurrelativismus und Selbsthass agieren. Gerade wurde einer jüdischen Bloggerin – die in Israel einschlägige Erfahrungen mit islamistischem Terror machen musste – von einer überwiegend weiblichen Blogger-Elite „Rassismus“ unterstellt, weil sie es gewagt hatte, ihre Ängste zu formulieren, die sie bei einem Aufenthalt in Oslo erlebt hatte. Sie war in eine Gegend geraten, in der sie ausschließlich von arabischen Männern umgeben war und hatte ihren Eindruck mitgeteilt, Oslo werde von „arabischen Refugees“ überrannt und sie habe Angst – was für jeden, der sich ein wenig mit PTBS auskennt, eine äußerst nachvollziehbare Reaktion ist. Die gleichen Bloggerinnen, die vor Schnappatmung fast keine Worte finden angesichts dieses „unfassbaren Rassismus“, lassen sich zur gleichen Zeit zu Promotion-Zwecken auf die Faröer-Inseln einfliegen, während dort hunderte Grindwale völlig sinnlos (weil Fleisch ungenießbar) abgeschlachtet werden. Den Mut, sich an den Ort des Geschehens zu begeben, haben sie bezeichnenderweise nicht. Zwei Seiten der gleichen Medaille.

      Liebe Mayumi, neben dem Rassismus wird uns – die wir „die Dinge kritischer sehen und ansprechen“ – auch gerne mal „Hass“ unterstellt als Motivation, vielleicht kennst Du das auch. Ich finde Deinen Verweis auf die „lange Tradition des Hasses“ zwischen Japan und China interessant, der Dir „abgeht“. Hass ist kein guter Ratgeber, darum hege ich ihn ebenso wenig wie Du.
      Prinzipien und Werte dagegen sind zuverlässige Quellen, aus denen wir unser Urteilsvermögen speisen können. Die Abwertung, Unterdrückung, Verschleierung, Verstümmelung und Versklavung von Mädchen und Frauen – egal wo und in welchem Kontext – ist niemals akzeptabel, aus guten Gründen.

      Ich wünsche Dir eine gute und sichere Reise nach Japan (und wieder zurück 😉

      Bis zum nächsten Mal,
      Ines

  3. Ich gebe dir teilweise recht und teilweise finde ich deine Sichtweise doch etwas zu unkritisch. Ich gehe vollkommen mit, dass wir die Empathie nicht vergessen sollten. Genitalverstümmelungen sind nicht in Ordnung, sowie jegliche Form von Gewalt. Allerdings hat das nichts damit zu tun „Hunde zu essen“ oder Frauen, die sich „vermummen“. Bei deinem Beitrag fällt doch etwas auf, dass er doch ein wenig ethnozentrisch ist. Nur weil deine deutsche Kultur als „fortschrittlich“ gesehen wird, heißt es nicht, dass ein Zeichen von Esskultur oder Religion „unfortschrittlich“ wäre. Diese Sichtweise ist uns einfach anerzogen und sollte doch mal stark unter die Lupe genommen werden. Nicht alle „vermummen sich wegen des Zwangs“ und nur weil bei UNS Hunde als Haustiere zählen, heißt das nicht, dass die woanders auf der Welt nicht gegessen werden dürfen. Da bedarf es ein Blick hinter die Kulissen und vielleicht doch mal ein längerer Besuch, um diese Lebensweisen zu verstehen.
    Ich will jetzt nicht alle Traditionen der Kulturen weltweit als positiv befinden, allerdings finde ich, dass du diesen wichtigen Aspekt (Ethnozentrismus) im kulturellen Sinne vergisst zu betrachten. Wir können uns nicht herausnehmen, andere Traditionen als schlecht/untragbar abzutun. Vielleicht gibt es – aus Sicht anderer Kulturen – genauso „abartige Sachen“ an der Deutschen oder an der Amerikanischen (whatever) Kultur auszusetzen.
    Falls du diesen Aspekt in einem anderen Teil beschrieben hast, tut es mir leid. Hier kommt das für mich sehr einseitig rüber. Ich liebe es, wenn Menschen Dinge auf den Punkt bringen, allerdings in einer noch reflektierteren Weise.

    1. Lieber Nate, dankeschön für Deine Gedanken zu diesem Artikel. Ich kann nachvollziehen, dass Dir meine Beispiele womöglich in der qualitativen Abstufung „zu krass“ erscheinen mögen, doch sehe ich sie tatsächlich alle als Seite ein und derselben Medaille: Davon abgesehen, dass in Ländern wie Iran tatsächlich von „Zwangsvermummung“ die Rede sein muss, ändert die scheinbar „freiwillige Verschleierung“ (i.d.R. als Ergebnis wirksamen Brainwashings) nichts am Wesen dieses Ausdrucks von Frauenverachtung, Unfreiheit, Diskriminierung, die in ALLEN muslimischen Ländern an der Tagesordnung ist und sich in allen Bereichen des täglichen Lebens – oft sehr gewalttätig – manifestiert – und gerade als Frau Reisen dorthin verunmöglicht. Was ich über westliche Frauen – vor allem „Reisebloggerinnen“ – denke, die sich diesem System anbiedern und es promoten, habe ich ja bereits angedeutet. Oder um mal ganz deutlich zu werden: Die haben nicht alle Tassen im Schrank!
      Was die „Esskultur“ im Zusammenhang mit dem Verzehr von Hunden betrifft, so ist dieser zum einen in gewisser Weise tatsächlich pathologisch, weil Hunde als fleischfressende Säugetiere an der Spitze der Nahrungskette stehen und in dieser Eigenschaft von der Natur nicht als „Beutetiere“ vorgesehen sind. Zum anderen geht es mir um den unfassbaren Sadismus und die Bestialität, mit denen die Tiere mit Absicht totgequält werden. In meinem ersten Beitrag zu diesem Thema, „Reisen und die Sache mit der Ethik“, habe ich ein paar entsprechende Infos verlinkt.
      Zum „Ethnozentrismus“ als rein ideologischen Gegenentwurf zum „Kulturrelativismus“: Als jemand, die seit über 20 Jahren das „Feld“ der Mädchen- und Frauenrechte „beackert“, kenne ich diese Vokabeln in- und auswendig. Vor allem aber weiß ich um ihre diskurs-tötende Wirkung und ihre Eigenschaft, ein „selbst geschaffener Klotz am Bein“ zu sein bei der eigenen Positionierung. Ich vertrete die Meinung, dass wir selbstverständlich „andere Kulturen“ werten können – ja müssen. Dabei geht es gar nicht um die Kategorisierung in „fortschrittlich“ oder „nicht fortschrittlich“, sondern um das Herunterbrechen auf so essentielle Nenner wie Leben, Unversehrtheit, Freiheit von (staatlich verordneter oder geduldeter) Gewalt usw. Nichts anderes habe ich in diesen Artikeln getan – und entsprechend gewertet.